In Deutschland engagieren sich mehr als 31 Millionen Menschen ehrenamtlich. Eine unglaubliche Zahl. Einer der 31 Millionen Ehrenamtler ist Thomas Schumann. Er gehört wiederum zu den mehr als 1.000 ehrenamtlich Mitarbeitenden, die sich im Deutschen Kinderhospizverein (DKHV e.V.) engagieren und so für eine enorme Entlastung der Familien mit lebensverkürzend erkrankten jungen Menschen sorgen. Ab der Diagnose, im Leben, Sterben und über den Tod hinaus.
„Ich suchte schon länger nach einem Ehrenamt, das mit Kindern zu tun hat, aber auch mit den Themen Trauer und Tod“, erzählt Thomas Schumann im Haus der Kinderhospizarbeit in Olpe. „Das liegt mir aufgrund eigener Erfahrungen in meiner Kindheit sehr am Herzen.“ So wurde er schließlich auf den DKHV e.V. in Olpe aufmerksam und kontaktierte Thorsten Hillmann, Leiter der zum Verein gehörenden Deutschen Kinderhospizakademie und dort Ansprechpartner für das Ehrenamt. „Wir führten ein wirklich großartiges Gespräch, mehr als zwei Stunden lang“, erzählt Thomas Schumann. „Danach war klar: Das passt zu mir. Allerdings musste ich doch kurz schlucken, als ich hörte, dass der Qualifizierungskurs 100 Stunden umfasst.“ Der 54-Jährige nahm an einem Infoabend im Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst teil. Die Mutter eines lebensverkürzend erkrankten Mädchens informierte hier über die ehrenamtliche Arbeit im DKHV e.V.. „Da war mir endgültig klar: Die 100 Stunden mache ich gerne, wenn ich so eine Familie begleiten kann.“
Kurz darauf wurde bereits die Frage an ihn herangetragen, ob er sich eine Familienbegleitung vorstellen könne: Ein Geschwisterkind, Elias, wünscht sich einen männlichen Begleiter an seiner Seite, seine Zwillingsschwester ist lebensverkürzend erkrankt. Die Familie lebt im Nachbarort, nur wenige Kilometer entfernt. Perfekt also für Thomas Schumann. „Ich arbeite im Vertrieb, bin es gewohnt vor 80 bis 100 Leuten zu sprechen. Aber so sehr haben meine Knie noch nie geschlottert, als klar war, dass ich die Familie kennenlerne.“ Die Verantwortung sei damals für ihn nicht greifbar gewesen. „Dann: Es war wirklich fast magisch. Es passte. Elias fragte mich nach drei Sätzen: ,Wollen wir spielen?` Selbst seine Mutter Katharina konnte es kaum glauben, da er sonst Zeit benötigt um Vertrauen zu fassen.“ Seither besucht Thomas Schumann einmal die Woche die Familie und verbringt Zeit mit Elias – und oft auch mit seinen Geschwistern: „Wir bauen Lego, holen uns im Dorfladen ein Eis, fahren Fahrrad – ganz normale Dinge, die im Alltag oft untergehen, weil die Pflege von Hannah so aufwendig ist.“ Eine kleine Episode ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben. „Wir haben einen Ausflug gemacht und die lila Kuh, die ganz in der Nähe im Wald steht, besucht. Natürlich haben wir überlegt, ob die wohl Kakao statt Milch gibt und beschlossen, auf dem Rückweg Schokolade zu kaufen. Im Supermarkt sagt Elias zu mir: ,Thomas, jetzt haben wir für alle eine Tafel Schokolade, nur für dich nicht. Du musst auch mal an dich denken.` Unfassbare Worte von einem kleinen Jungen.“
Wenn es seine Zeit erlaubt, trinkt er auch gerne einen Kaffee mit Katharinas Lebensgefährten – „und dann reden wir über banale Dinge genauso wie über Sorgen und Ängste. Ich bin da und höre zu.“ Für Thomas Schumann sind es keine „hehren Ziele“ mehr - wie etwa etwas zurückgeben zu wollen oder Gutes zu tun - die ihn zu seinem Ehrenamt bewegen. Es ist ganz einfach: „Es ist die Freude der Kinder, eine Freude aus tiefstem Herzen. Und die Frage: Thomas, wann kommst du uns besuchen?“
Das Ehrenamt als Fundament der ambulanten Kinder- und Jugendhospizarbeit:
Die über 1.100 ehrenamtlichen Begleiter*innen leisten insgesamt mehr als 144.000 Stunden Dienst im Jahr, für den sie mehr als 40.000 Kilometer zurücklegen, um bei „ihren“ Kindern und Familien zu sein. Bevor sie mit ihrer Aufgabe, der praktischen Begleitung der Familien beginnen, haben die Ehrenamtler*innen einen 100-stündigen qualifizierten Vorbereitungskurs absolviert, der die Voraussetzung für eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhospizarbeit ist. Finanziert wird diese Arbeit nur durch einen geringen Teil durch die Krankenkasse: Mehr als 50 Prozent wird durch freiwillig gegebene Gelder, wie Spenden, gedeckt, damit das Begleitungsangebot für die Familien kostenfrei bleibt.